22.09.2012

zu zeichnen begann

Sein unförmiger Körper, der aufgedunsene Bauch, die dicken Schenkel, die behaarte Brust und der breite, schlaffe Hintern, das alles schien ihm nichts auszumachen, so ruhig saß er da und ließ sich von ihr zeichnen, von Unbehagen oder Schüchternheit war ihm nichts anzumerken, und als sie ihn nach zehn Minuten fragte, wie es ihm gehe, sagte er, gut, er vertraue ihr, er hätte nie gedacht, dass er sich so wohlfühlen könnte, wenn jemand ihn so ansehe. Das Zimmer war klein, sie saßen nur gut einen Meter voneinander entfernt und als sie zum ersten Mal seinen Penis zu zeichnen begann, kam ihr der Gedanke, dass sie eigentlich keinen Penis mehr betrachtete, sondern einen Schwanz, dass Penis das Wort für das Ding auf der Zeichnung sei, Schwanz hingegen das Wort für das Ding da einen Meter vor ihren Augen, und wenn sie ehrlich war, musste sie zugeben, dass Bing einen schönen Schwanz hatte, weder länger noch kürzer als die Mehrheit derer, die sie in ihrem Leben gesehen hatte, aber dicker als die meisten, gut geformt und ohne Besonderheiten oder Schönheitsfehler, ein vorzügliches Exemplar männlicher Auststattung, nicht das was man einen Belistiftschwanz nennt, sondern ein voluminöser Füllfederhalter, ein gediegener Pfropfen für jegliche Körperöffnung.
Als sie ihn ihn mitten in der dritten Skizze fragte, ob er was dagegen hätte, ein wenig an sich herumzuspielen, es interessiere sie, wie es aussehe, wenn er steif werde, antwortete er, kein Problem, es mache ihn sowieso ziemlich scharf, so für sie zu posieren, da habe er auch überhaupt nichts dagegen. Während der vierten Zeichnung bat sie ihn, für sie zu masturbieren und wieder gehorchte er bereitwillig, fragte aber zur Sicherheit nach, ob sie sich nicht lieber auch ausziehen und ihn zu sich aufs Bett lassen würde, was sie jedoch mit Nein beantwortete, sie wolle ihre Sachen lieber anbehalten und weiterzeichnen, aber wenn er im letzten Moment vom Stuhl aufstehen, zu ihr ans Bett treten und sich in ihren Mund entladen wolle, habe sie dagegen nichts einzuwenden.

Sunset Park - Paul Auster

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