19.01.2012

"Ich stand nie vor seiner Tür. Das war nicht mein Stil"

Man hat die Geschichte von John und Yoko immer als die einer durchtriebenen, selbstherrlichen Frau dargestellt, die sich den berühmten Beatle bei ihrem ersten Treffen - oder vielleicht schon früher- als Beute wählte und ihn dann mit rücksichtslosem Einsatz verfolgte, bis sie ihr Ziel erreicht hatte. Dabei gibt es wohl kaum ein brühmtes Liebespaar, dass auf solchen Umwegen und mit so viel Bedenken auf beiden Seiten zueinanderfand wie dieses.

Yoko gesteht zwar ein, dass sie sich bei ihrem ersten Zusammentreffen von John angezogen fühlte, im Wesentlichen aufgrund ihres Hangs zu working class guys, der wohl Teil der Rebellion gegen ihr Elternhaus und ihre soziale Herkunft war. [...]

Nach ihrer Begegnung bei der Ausstellung Claes Oldenburg sandte sie John ein Exemplar von Grapefruit, ihrer Sammlung von instructional poems. Aber sie tat dies ohne Hintergedanken, wie sie betont: "Ich hatte ein paar Exemplare des Buches aus New York mitgebracht, da es in England noch nicht auf dem Markt war. Ich erwähnte es John gegenüber, als wir uns unterhielten und schickte ihm dann ein signiertes Exemplar, wie es jeder Autor in einer solchen Situation tun würde."


Grapefruit war für John die Bestätigung, dass diese Frau aus einer ihm völlig fremden Welt die gleiche Wellenlänge hatte wie er. Das schlichte kleine weiße Buch lag immer neben seinem Bett, und er stellte sein umfangreiches Leseprogramm dafür hintan; immer wieder kehrte er zu den einzelnen Strophen ohne Reimschema zurück - manchmal waren es auch nur einzelne Zeilen -, die zwischen dem Mystischen und dem Schelmischen changierten: Zünde ein Streichholz anund warte bis es abgerannt ist. ... Stelle einen Schlüssel her. Finde ein Schloss zu dem er passt. Wenn du es gefunden hast, brenne das Haus ab, das daran hängt. ... Höre der Erde zu, wie sie sich dreht. Da ihm der blanke Opportunismus der Popmusik und ihre lächerlich aufgeblähten Werte bewusst waren, schätzte er auch die "Ono-Preisliste", auf der leere Tonbänder mit verschiedenen Arten von Schneefall in der Dämmerung angeboten wurden, und das für 25 Cent pro Inch.

"John Lennon Die Biographie" - Philip Norman

10.01.2012

Die Medien, das sind wir!

Information führt zu Wahrnehmung, Wahrnehmung führt zu Handeln, das aufsummierte Handeln ist unsere soziale Realität. Über die vergangenen Jahrtausende – bis heute – üben Partikularinteressen über die Medien Einfluss auf die soziale Ordnung aus. Stets war die Informationsverbreitung eng verbunden mit religiöser, staatlicher oder wirtschaftlicher Herrschaft.

Aktuell ist es ein eng verknüpftes Netz von Konzernmedien, das Entscheidungen stützt, verhindert, beeinflusst oder herbeiführt. Hinzu kommt die Macht des Agenda Settings, die große Medien ausüben. So legen diese vor allem auch fest, über welche Themen gesamtgesellschaftlich überhaupt gesprochen wird. Gleich einer unsichtbaren Matrix wird ein Rahmen festgelegt in dem wir uns geistig bewegen und aus dem wir nur schwerlich ausbrechen können. Auch als kritischer Nutzer oder Verweigerer der Massenmedien sind wir von diesem Agenda Setting betroffen. Denn wenn unsere unmittelbare Umgebung dergestalt beeinflusst wird, hat dies auch Rückwirkungen auf uns selbst.

Die digitale Revolution menschlicher Kommunikation eröffnet uns nun erstmals in der Geschichte die Möglichkeit, diese ideellen Fesseln zu zerschlagen. Das Internet, als dezentrales, freies Netz ist der Raum in dem wir uns vollends entfalten können und in dem wir – wenn wir bewusst handeln – die Struktur medialer Informationsverbreitung nachhaltig ändern können. Seit vielen Jahren arbeiten engagierte Menschen überall auf der Welt daran, uns Technologien zur Verfügung zu stellen, die diesen wichtigen Schritt nun ermöglichen. An erster Stelle sei hier das Bloggen genannt. Blogs geben jedem von uns die Möglichkeit selbst zu publizieren, also selbst Teil des Mediennetzes zu sein. Im Verbund, sprich in der Vernetzung, können wir uns gegenseitig informieren und sind fortan nicht mehr oder immer weniger auf die Information großer Konzernmedien angewiesen.

Auch können wir künftig mitentscheiden welche Themen uns am Herzen liegen, welche Probleme wir am dringlichsten lösen wollen und wie dies geschehen soll. Wir müssen nicht tagelang über banale Personalfragen reden, wenn es eigentlich wichtigere Dinge zu besprechen gibt. So gilt: Die Informationsverbreitung zu dezentralisieren heißt die Gesellschaft zu demokratisieren.

Blogs dienen auch als Archive umfassender Debatten, deren Teilnehmer im Verbund stets mehr Wissen zusammentragen als jeder Einzelne dies alleine tun könnte. Blogartikel und -diskussionen sind jederzeit für jeden einsehbar, verlinkbar, verbreitbar, vernetzbar. Blogs sind neben Wikis das ideale Werkzeug um den Wissensschatz, den die Menschheit über Jahrtausende angesammelt hat, strukturiert aufzubereiten und transparent für alle zugänglich zu machen.

Nun gibt es auch viele Skeptiker des Internets. Das Internet ermöglicht die totale Kontrolle heißt es immer wieder und soziale Netzwerke dienen letztendlich nur dem Zweck uns auszuspionieren, uns zu rastern und uns so zu immer effizienteren Kunden nutzloser Produkte zu machen. All dies ist nicht immer von der Hand zu weisen. Doch liegt es an uns, ob wir Dienste wie facebook nutzen um in einer persönlichen Lebens-Chronik jeden Kaffee den wir trinken einzutragen oder ob wir soziale Netzwerke als das verstehen was sie eigentlich sind: Dezentral verästelte Verbindungskanäle zwischen uns allen. Wir können diese Netzwerke nutzen um gesellschaftlich relevante Information auszutauschen und zu verbreiten. Zur Aufbereitung und Archivierung von Wissen taugen Netzwerke wie facebook jedoch nicht.

Das Internet als solches ist unser Raum und als diesen sollten wir ihn auch begreifen. Wir sollten nicht den Fehler machen, den wir vor einigen Jahrzehnten im politischen System gemacht haben: Andere haben dort vielleicht verächtliche Pläne verfolgt, wollten und wollen Wissen und Macht monopolisieren, also wendeten wir uns ab. Dies darf jedoch nicht die Schlussfolgerung sein, die wir für die Zukunft ziehen. Die Schlussfolgerung muss lauten: Besetzen wir das Netz, füllen wir es mit unseren Ideen! Begreifen wir es als die demokratischste und freieste Struktur, die jemals in der Menschheitsgeschichte geschaffen wurde und verteidigen wir es gegen jede Art der Zensur, gegen jede Art der Monopolisierung und gegen jede Art der Privatisierung. Unzählige Online-Aktivisten auf der ganzen Welt führen seit Jahren diesen Kampf, damit wir alle auch weiterhin das Netz zum freien Informationsaustausch nutzen können.

Wir alle haben in unserem Leben eine Menge gelernt. Vieles von dem sollten wir weitergeben und teilen. Wer denkt kann auch schreiben und wer schreiben kann, kann auch bloggen.

Die Zukunft wird in der Gegenwart geschrieben und sie ist nur dann demokratisch und gerecht wenn alle mitschreiben. Hört auch auf euch gegenseitig für das Verbreiten von Information anzugreifen. Herrschaft und Macht beruhen immer auf der Zurückhaltung und Kanalisierung von Information – nicht auf der freien Verbreitung ebendieser. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das dezentrale Netz kleiner Medien weiter auszubauen und zu nutzen. Jeder Einzelne kann hierzu etwas beitragen und sollte dies auch tun. Denn Wissen ist Macht, und wir sozialisieren die Macht indem wir das Wissen sozialisieren.

Von Florian Hauschild the babyshambler

02.01.2012

Rostrot, kupferbraun, fast bronze



Patrick Salmen

du bist, was du hast


Wer bin ich, wenn ich bin, was ich habe und dann verliere, was ich habe? Nichts als ein besiegter, gebrochener, erbarmenswerter Mensch, Zeugnis einer falschen Lebensweise. Weil ich verlieren kann, was ich habe, mache ich mir natürlich ständig Sorgen, dass ich verlieren werde, was ich habe. Ich fürchte mich vor Dieben, vor Krankheit, vor dem Tod und ich habe Angst zu lieben, Angst vor Freiheit, vor dem Wachsen, vor der Veränderung, vor dem Unbekannten. So lebe ich in ständiger Sorge und leide an chronischer Hypochondrie, nicht nur in bezug auf Krankheiten, sondern hinsichtlich jeglichen Verlusts, der mich treffen könnte; ich werde defensiv, hart, mißtrauisch, einsam von dem Bedürfnis getrieben, mehr zu haben.

Ein weiterer ermutigender Aspekt ist die wachsende Unzufriedenheit mit unserer gegenwärtigen Gesellschaftsordnung. Eine zunehmende Zahl von Menschen empfindet die "malaise du siecle" aller Verdrängungsversuche. Sie fühlen die Öde ihrer Isolation und die Leere ihres Zusammenseins; sie empfinden ihre Ohnmacht, die Sinnlosigkeit ihres Lebens. Viele spüren das sehr klar und bewußt; andere weniger deutlich, aber sie werden gewahr, wenn jemand anderer es in Worte faßt.

Haben oder Sein - Erich Fromm

so macht's 'ne Frau

"Warte mal 'ne Minute. Ich werd dir was zu essen zurechtmachen. Vielleicht hast du's nötig."
So machte sie mir also was zu essen zurecht und fragte: "Sag mal, wenn sich 'ne Kuh hinlegt, mit welchem Ende steht sie dann zuerst wieder auf? Antworte mir gleich - denk nicht erst drüber nach. Mit welchem Ende steht sie zuerst auf?"
"Mit dem hinteren Ende."
"Na, und 'n Pferd?"
"Mit dem vorderen Ende."
"An welcher Seite sind die Bäume am meisten mit Moos bewachsen?"
"An der Nordseite."
"Wenn fünfzehn Kühe zusammen auf 'nem Abhang weiden, wie viele von ihnen halten dann beim Fressen den Kopf in dieselbe Richtung?."
"Alle fünfzehn."
"Na, ich glaube, du hast wirklich auf dem Lande gelebt. Ich dachte, vielleicht wolltest du mich wieder an der Nase rumführen. Wie heißt du denn nun wirklich?"
"George Peters."
"Na, versuch, dich dran zu erinnern, George. Vergiss nicht und erzähl mir nicht, du heißt Alesander, bevor du gehst, um dich dann, wenn ich dich erwische, damit rauszureden, dein Name war George-Alexander. Und komm in dem alten Kuttenkleid da Frauen nicht zu nah. Die Rolle von 'nem Mädchen spielst du ziemlich schlecht, aber Männer könntest du vielleicht irreführen. Du lieber Himmel Kind, wenn du 'ne Nadeln einfädeln willst, dann halt nicht den Faden still und für nicht die Nadel heran, sondern halt die Nadel still und führ den Faden durch - so macht's 'ne Frau fast immer, aber Männer machen's stets umgekehrt.[...]

"Huckleberry Finns Abenteuer" - Mark Twain