27.02.2012

Chinesisch am Zoo

Während Zoe das Schloss öffnete und Quentin einen halben Schritt schräg vor mir stand, betrachtete ich Zoes Hintern - es hätte einer übermenschlichen Anstrengung bedurft, woanders hinzusehen. Meine Fettpolster mögen ja seit zehn Jahren ein höchst überflüssiges östrogenartiges Hormon produzieren, aber ein bisschen Testosteron kreist doch auch noch in meinem Blut und bestimmt bei Gelegenheit den Fokus meiner Aufmerksamkeit. Als sie sich, immer noch vor dem Rad kauernd, plötzlich umdrehte und mir ins Gesicht sah, glitt mein Blick zwar automatisch mit Überlichtgeschwindigkeit auf das Fahrrad, aber für das sexuelle Sensorium einer Frau ist Überlichtgeschwindigkeit nicht schnell genug. Natürlich hatte sie die Fokusverschiebung mitgekriegt.
"Also", sagte Quentin zu ihr. "Dann sehen wir uns heute Abend."
Sie nickte und ließ sich ein wenig geistesabwesend von ihm küssen. Der Junge musste ja eigentlich bis zum Platzen mit Testosteron angefüllt sein, aber man merkte davon wenig. Während ich noch überlegte, ob für mich nun Wangenkuss oder Händeschütteln angesagt sei, schwang sie sich aufs Rad, was die Seitenschlitze ihres Kleides einen Moment lang weit öffnete, blieb dann mit leicht gespreizten Beinen stehen und sagte zu mir, als sei ihr der Gedanke eben erst gekommen: "War das nur mein Eindruck oder sind in dem Zoo eigentlich nur Tiere, die man essen kann?"

"Der zweitbeste Koch" - Kurt Bracharz

16.02.2012

Danach

Es wird nach einem happy end
im Film jewöhnlich abjeblendt.
Man sieht bloß noch in ihre Lippen
den Helden seinen Schnurrbart stippen-
da hat sie nun den Schentelmen.
Na,und denn-?

Denn jehn die beeden brav ins Bett
Naja.....diß is ja auch janz nett.
A manchmal möchte man doch jern wissen:
Wat tun se, wenn se sich nich kissen?
Die könn ja doch nich immer penn.....!
Na, und denn-?

Denn säuselt im Kamin der Wind.
Denn kricht det junge Paar 'n Kind.
Denn kocht se Milch. Die Milch looft üba.
Denn macht er Krach.Denn weent sie drüba.
Denn wolln sich beede jänzlich trenn.....
Na, und denn-?

Denn is det Kind nich uffn Damm.
Denn bleihm die beeden doch zesamm.
Denn quäln se sich noch manche Jahre.
Er will noch wat mit blonde Haare:
vorn doof und hinten minorenn....
Na, und denn-?

Denn sind se alt.
Der Sohn haut ab.
Der Olle macht nu ooch bald schlapp.
Vajessen Kuß und Schnurrbartzeit-
Ach, Menschenskind,wie liecht det weit!
Wie der noch scharf uff Muttern war,
det is schon beinah nich mehr wahr!
Der olle Mann denkt so zurück:
wat hat er nu von seinen Jlück?
Die Ehe war zum jrößten Teile
vabrühte Milch und Langeweile.
Und darum wird beim happy end
im Film jewöhnlich abjeblendt.

Kurt Tucholsky
Kurt Tucholsky (* 9. Januar 1890 in Berlin; † 21. Dezember 1935 in Göteborg) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Er schrieb auch unter den Pseudonymen Kaspar Hauser, Peter Panter, Theobald Tiger und Ignaz Wrobel. Tucholsky zählte zu den bedeutendsten Publizisten der Weimarer Republik. Als politisch engagierter Journalist und zeitweiliger Mitherausgeber der Wochenzeitschrift Die Weltbühne erwies er sich als Gesellschaftskritiker in der Tradition Heinrich Heines. Zugleich  war er Satiriker, Kabarettautor, Liedtexter, Romanautor und Lyriker. Er verstand sich selbst als linker Demokrat, Pazifist und Antimilitarist und warnte vor der Erstarkung der politischen Rechten.

14.02.2012

dann ist sie...

"Also ich erklär euch das jetzt. Eine Frau will einen Mann nicht mit ihrem ganzen Körper. Nein. Sie will ihn vor allem an einer Stelle. Weißt du, was ich meine. Denise? Nein? Noch nicht? Bald wirst du's wissen. Eine Frau will einen Mann an einer ganz bestimmten Stelle, und die ist genau hier zwischen ihren Beinen."
Sie zeigte und drückte die Hand auf ihr Kleid, um es ihnen vorzuführen.
"Eine ganz kleine Stelle. Also, wenn man ihr diese Stelle wegnimmt, wisst ihr, was dann passiert? Man nimmt ihr die ganze Lust.
Wirklich. Sie ist für immer weg. Das klappt. In manchen Gegenden machen sie das immer so, das ist das Normalste von der Welt. Ich glaube, wenn ein Mädchen ein bestimmtes Alter erreicht. Damit sie nicht herumstreunt. Was weiß ich, in Afrika und Arabien und Neuginea, glaube ich. Für die gehört das zur Zivilisation.
Und da denke ich mir: Warum nicht auch bei uns? Wir nehmen ihr einfach diese kleine Stelle weg. Wir brennen sie ihr raus. Mit dem Eisen.
Und dann ist sie... volkommen."
Schweigend starrten alle Ruth an. Sie konnten nicht glauben, was sie gehört hatten.
Ich glaubte ihr.
Ich begann zu zittern wie in einem heftigen Dezemberwind. Weil ich es sehen konnte, ich roch es, ich hörte ihre Schreie. Mein Blick ging bis weit in Megs Zukunft, in meine Zukunft - ich die Konsequenzen einer solchen Tat. ...

Er trat zurück. Das Papier ging in hellen Flammen auf.
Sie wandte sich den anderen zu. "Wer will es machen?"
"Ich", antwortete Eddie.
Sie schaute ihn mit einem leisen Lächeln an. Es war genau der Blick, der vor nicht allzulanger Zeit nur mir vorbehalten war.
"Hol das Eisen."
Eddie holte es.
Sie hielten es in die Flammen. Es war ganz still.
Als sie meinte, dass es heiß genug war, zog er es heraus, und wir gingen alle zurück in den Bunker.

Darrüber werde ich euch nichts erzählen.
Ich weigere mich
Es gibt Dinge, die erzählt man nicht. Da stirbt man lieber.
Dinge, von denen man weiß, dass man besser gestorben wäre, statt sie zu erleben.
Diese Dinge habe ich erlebt.

"Evil" - Jack Ketchum